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Unfallwagen mit Vorschaden

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Welche Anforderungen sind an die Darlegung des Unfallschadens zu stellen, wenn bereits eine frühere Beschädigung im selben Schadensbereich erfolgt ist? Mit dieser Frage hatte sich jetzt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg zu befassen:

Nach Ansicht des OLG Hamburg muss der Anspruchsteller in einem solchen Fall im Einzelnen darlegen, in welchem Umfang und auf welche Weise dieser Vorschaden beseitigt worden sein soll, bevor es zu dem neuerlichen Unfall kam. Denn er kann nur die Kosten ersetzt verlangen, die zur Wiederherstellung des zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Fahrzeugzustandes erforderlich wären.

Im vorliegenden Fall hatte der Anspruchsteller indessen trotz Hinweises des Landgerichts und der Gegenseite nicht ansatzweise dargelegt, wann er durch wen welche konkreten Maßnahmen zur Schadensbeseitigung hat vornehmen lassen, obwohl er mit seiner Beschwerde vorträgt, auf mehrfache Mahnungen nicht bezifferte Reparaturkosten bezahlt zu haben. Er hat weder eine Reparaturwerkstatt benannt noch eine Rechnung über Werkleistungen oder Ersatzteile vorgelegt, obwohl er dazu bereits am 05.08.09 von der Antragsgegnerin aufgefordert worden war. Die Bezugnahme auf das Zeugnis des Sachverständigen H., der das Fahrzeug am 24.02.09 nachbesichtigt hat, ersetzt substantiierten Sachvortrag nicht. Seine Vernehmung würde zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis führen. Die schriftliche Reparaturbestätigung des Sachverständigen ist in Bezug auf den Umfang und die Qualität der Vorschadensbeseitigung ohne jegliche Aussagekraft. Zu Recht wendet die Antragsgegnerin ein, dass vor diesem Hintergrund das Sachverständigengutachten keine geeignete Grundlage zur Feststellung des ersatzfähigen Schadens darstellt, denn aus den Angaben auf Seite 1 (Weitere Vorschäden laut Halter: keine) ergibt sich, dass der Sachverständige über Vorschäden überhaupt nicht unterrichtet worden ist.

Das Gericht kann auch nicht einen Mindestschaden auf der Basis einer hypothetischen Alternativreparatur schätzen. Wie sich aus der BGH-Entscheidung in MDR 2010, 1106 ff. ergibt, setzt eine solche Schätzung sichere Anknüpfungstatsachen voraus, auf die die Überzeugung des Gerichts gestützt werden kann. Daran fehlt es vorliegend, weil die Schadensfolgen aus zwei unterschiedlichen Ereignissen wegen der Identität der Schadensbereiche nicht abgegrenzt werden können und der Anspruchsteller über den Zustand des Kraftfahrzeugs vor dem zu beurteilenden zweiten Vorfall keine ausreichenden Angaben macht. Sein Vortrag weist nicht nur Lücken oder Unklarheiten auf, sondern ist so vage gehalten, dass eine Schadensschätzung völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre. In einem solchen Fall verlangt auch der Bundesgerichtshof keine Schätzung.

Der Anspruchsteller hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für den von ihm eingeschalteten Sachverständigen. Da das Gutachten nicht konkret ausweist, ob und inwieweit unreparierte Vorschäden in die Kalkulation eingeflossen sind, ist es von Anfang an keine geeignete Grundlage für den von der Antragsgegnerin möglicherweise zu regulierenden Schaden gewesen. Die unzureichende Instruktion des Sachverständigen über die Vorschäden geht zu Lasten des Anspruchstellers.

Mangels hinreichender Darstellung zum Zustand des Fahrzeugs vor der streitgegenständlichen Kollision lässt sich der durch eine erforderliche Reparatur bedingte Nutzungsausfall nicht konkretisieren. Insoweit kann ebenfalls nicht auf das Sachverständigengutachten abgestellt werden.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 18. Oktober 2010 – 14 W 89/10


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